Hallo zusammen! Hier schreibt Gabi, die IPS-Stipendiatin (Internationales Parlaments-Stipendium) aus den USA, hier seit April. Vorher durfte ich Ihnen über mich selbst, meine Arbeit im Büro und die verschiedenen Gelegenheiten des Programms erzählen. In diesem Newsletter, meinem aller letzten, bringe ich Ihnen einen besonderen Bericht. Nämlich einen Bericht aus der schönen Stadt Bochum!
Um die zahlreichen Tätigkeiten der Abgeordneten zu verstehen und die Vielfalt der parlamentarischen Arbeit zu erleben, gehört eine Kenntnis der wichtigen Arbeit im Wahlkreis dazu! Drei tolle Tage verbrachten das ganze Team aus dem Berliner Büro und ich in Bochum, um den Wahlkreis Bochum kennenzulernen! Wir hatten viele Termine bei Unternehmen, Organisationen, Forschungsinstituten und großartigen kulinarischen Einrichtungen. Mit jedem Termin bekamen wir neue Einblicke und hier versuche ich, unseren Besuch zusammenzufassen und mit Ihnen zu teilen.
Als wir in Bochum ankamen, begrüßten Olaf und seine Familie uns mit herzlichem Empfang. Bei einem leckeren Abendessen lernten wir mehr über Olafs Hobbys und was es bedeutet, Hobbyimker zu sein. Er hat mehrere Bienenstöcke in der ganzen Stadt verteilt, und einer steht sogar in seinem Garten! Das bedeutet, dass ungefähr 50.000 Bienen in seinem Garten wohnen! Olafs Frau meinte aber, dass wir keine Angst haben müssen. Die Bienen sind freundlich und man kann sogar ein Fach herausnehmen und die Bienen streicheln! Wir kamen auch zur richtigen Zeit, vor ein paar Wochen war Honig geerntet worden, und ein köstliches Löffelchen von dem fließenden Gold durfte ich probieren! Die Reise hatte schon einen guten Anfang!
Unser erster Termin war mit der Emschergenossenschaft, dem ersten deutschen Wasserwirtschaftsverband, der sich schon seit 125 Jahren um die Bedeutung und Nutzung von Wasser kümmert. Herr Alexander Knickmeier und Frau Anke Gebhard zeigten uns zwei Standorte, an denen ihre Arbeit zu sehen ist. Beim Hüller Bach erzählte Herr Knickmeier über die historische Verschmutzung des Bachs und die Maßnahmen, die ergriffen wurden, um das Abwasser zu transportieren und zu reinigen. Die Arbeit geht dort aber weiter. Es gibt Pläne, den Wasserabfluss innerhalb der nächsten zwei Jahre anders zu gestalten, um die natürliche Biodiversität des Bachs zu fördern und Hochwasserschutz zu implementieren. Beim zweiten Beispielort sahen wir ein Projekt, das durch beeindruckende Zusammenarbeit geschaffen wurde. Ein schönes Gewässer, besucht von Gänsen, stand neben mehreren industriellen Produktionsstätten und hatte einen schönen Rad- und Fußweg, auf dem viele Menschen unterwegs waren. Trotz der anstrengenden und zeitintensiven Herausforderungen des Projekts war der Ort ein Beweis dafür, dass, wenn mehrere Beteiligte zusammenkommen, unterschiedliche Interessen berücksichtigt werden können. Als bleibenden Eindruck verstand ich die Dringlichkeit, sich aktiv mit der Klimafolgenanpassung zu beschäftigen. Wie können wir schädliche Hochwasser vermeiden? Wie gehört die aktive Gestaltung von Gelände und Gewässer dazu? Solche Projekte benötigen erhebliche Investitionen, aber wenn es um Anpassung geht, gilt: „Nichts tun wird auch teuer.“
Nach dem ersten deutschen Schatz (die Natur) beschäftigten wir uns mit einem anderen gefeierten Schatz – Fußball!! Dirk Michalowski, der Fanbeauftragte des VfL Bochum, begrüßte uns sehr herzlich im Ruhrstadion. Dirk war bei uns im Büro im April als Hospitant und wir haben uns sehr gefreut, Dirk wiederzusehen – jetzt waren die Rollen aber getauscht! Wir durften viele Dinge über seine Arbeit und Umgebung lernen. Während einer Sonderführung durch das Ruhrstadion hörten wir viel über die Herausforderungen und Besonderheiten des Vereins. Das Stadion bietet 26.000 Zuschauern Platz. Das ist wenig im Vergleich zu anderen Stadien in der Umgebung, die, wie etwa in Dortmund bis zu 80.000 Zuschauer willkommen heißen können. Dadurch gibt es für den Verein begrenzte Einnahmemöglichkeiten. Aber genau wegen der limitierten Sitzplätze bereitet das Stadion ein persönlicheres Fußball-Zuschauererlebnis. Ein wahrer Interessenkonflikt, aber bei dem Besuch gab es trotzdem viel zu feiern: Klassenerhalt! Ich lernte deutlich, beim Klassenerhalt geht es nicht nur um Status, es geht auch um große wirtschaftliche Fragen! Sport ist verknüpft mit vielen anderen Industrien, wie Bewirtung und Medien. Dabei war der Klassenerhalt auch aus finanzieller Sicht eine gute Nachricht für den Verein und die lokale Wirtschaft. Wir hatten viel Glück, dass die Bundesliga schon in der Sommerpause war, denn nur deswegen durften wir den Spielerbereich und den Tunnel bis zum Feld besichtigen. Der Spielertunnel zum Feld ist wie ein Kohlebergwerk ausgestaltet – eine tolle Darstellung der Ruhrgebiets-Geschichte und Kultur. Leider durften wir nicht aufs Feld, um ein Tor zu schießen, denn es gab noch einen besonderen Besucher dort - Herbert Grönemeyer! Während des Besuchs durfte ich die Vielfalt von Bochum erleben – Fußball, Geschichte und Musik!
Und was gehört noch zu Bochum? Industrie! Das UPS Paketzentrum Herne-Börnig lud uns zu einer bemerkenswerten Führung durch ihr Zentrum ein! Am Tag werden 36.000 Pakete sortiert und 500 Container verarbeitet. Der Standort gehört zu den 6 größten UPS-Lagern Deutschlands. Wir sahen, wie Pakete aus Containern entladen und sortiert wurden. Pakete in Sondergröße wurden getrennt und kleinere Pakete zusammen in Transportbeuteln verpackt. Es war eine beeindruckende und zügige Operation. Die Laufbahnen fließen unglaublich schnell mit einer Geschwindigkeit von 3 Metern pro Sekunde. Dabei lernten wir: UPS ist nicht nur effizient, UPS ist klimabewusst. Bis 2035 haben sie das Ziel, den CO2-Ausstoß pro Paket zu halbieren. Mit der Integration von nachhaltigem Luftfahrtkraftstoff und erneuerbarem Biokraftstoff für die Bodenflotte haben sie schon einen klaren Plan, wie sie dieses Ziel erreichen können. Bei dem Besuch merkte ich die Umsetzung des Bochumer Spruchs „kein Brimborium.“ In Bochum geht es um eine verlässliche Qualität von Dienstleistungen und Produkten, wo keine Kraft bei unnützen Themen verschwendet wird.
Klimabewusst sein und werden, merke ich, sind Hauptziele im Büro in der Beek und der nächste Termin sprach genau das an, nämlich im Bereich Energie. Herr Prof. Dr. Rolf Bracke vom Fraunhofer IEG (Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie) erzählte uns über die Herausforderungen und entstehende Gelegenheiten der Geothermie in Deutschland. Die Nutzung von Geothermie bietet Deutschland eine viel nachhaltigere, klimafreundlichere und (auf Dauer) günstigere Energiequelle. Trotzdem stehen einige Schwierigkeiten im Weg. Die praktischste Anwendung von Geothermie-Technologie wäre in Regionen, wo die meiste Energie verbraucht wird – das Ruhrgebiet ist eine dieser Regionen wegen seiner dicht besiedelten Bevölkerung und zahlreicher Industriegebiete. Leider ist es genau an diesem Standort, wo die wenigste Anwendungsforschung durchgeführt wird. Wenig Forschung und Untersuchung bedeuten wenig Fördergeld und Investitionsbereitschaft für die Einrichtung der Geothermie-Anlagen. Aber in jeder Herausforderung entsteht eine Gelegenheit! Mit wachsender Akzeptanz und Kenntnis können Projekte langsam vorwärts vorangehen.
Und langsam war unsere Zeit in Bochum leider auch vorbei. Als Abschlusstermin hat das Büro etwas Besonderes geplant: Ein Besuch im Tierpark und Fossilium Bochum! Das regnerische Wetter konnte die Aufregung des Besuchs nicht schwächen. Olaf hielt eine Stabschrecke und wir fassten eine Schlange an. Wir sahen Nachtaktive Tiere, spielende Seehunde und quatschende Pinguine. Die Seehunde und Pinguine waren so süß, ich wollte fast ins Becken springen, um mit ihnen schwimmen zu können! Der Tierpark ist ein echter Schatz, besonders weil das Tierpark-Team die Tiere und Besucher zu schätzen weiß. Es war mir klar, die Betonung liegt auf dem Wohl der Tiere sowie der Besucher. Die Barrierefreiheit und inklusive Gestaltung des Parks sind überall zu sehen. Fahrstuhlfreundliche Wege, ein verlegtes Blindenleitsystem, Erlebnisstationen mit Tastmodellen und eine App mit erklärenden Audioguides wurden mit viel Planung und Mühe erfolgreich umgesetzt. Dazu gibt es viele Veranstaltungen und Angebote für Menschen in allen Lebensphasen. Sie bieten Jugendlichen die Gelegenheit, eine Ausstellung zur Meeresverschmutzung zu schaffen und unterstützen unterschiedliche Möglichkeiten von tiergestützter Therapie. Für Menschen und Gruppen mit eingeschränkter Mobilität gibt es das Zoomobil! Das Tierparkerlebnis auf Rädern kann manche Tiere und Einblicke des Tierparks zu ihnen bringen.
Sie merken schon, es war ein volles Programm in Bochum! So viele Termine hätten wir nicht schaffen können, wenn wir zwischendurch nicht gestärkt worden wären. Zum Glück ist das Essen in Bochum ein echter Genuss. Es hat mich sehr gefreut, das bekannte Bratwursthaus zu besuchen und die gelobte Currywurst zu probieren. Ich gebe zu, die Curry-Soße ist ein bisschen scharf, aber genau das macht sie so reizvoll. Die Berliner Currywurstbuden können noch etwas lernen 😊 Und was ergänzt Scharfes am besten? Süßes natürlich! Am nächsten Tag stand die Konditorei Café Wiacker auf dem Tagesplan. Ein Genuss für die Augen sowie den Magen: zahlreiche schöne Torten, Pralinen und Gebäcke in einem gemütlichen Café. Ich habe mehrere Minuten am Schaufenster und an der Theke verbracht. Nach einem Mittagessen mit handgemachten Reibeplätzchen gönnten wir uns die Erdbeertörtchen. Nach dem ersten Biss des Erdbeertörtchens gab es keine Fragen mehr, warum es ihre „Nummer 1“ ist. Beim letzten Biss wurde kein Krümel auf dem Teller gelassen. Aber zwischen dem Schönen und dem Köstlichen des Cafés erfuhren wir von Herrn Frank Wiacker die aktuellen Herausforderungen des Cafés. Wie in vielen Bereichen ist der Mangel an Arbeitskräften ein echtes Problem. Dazu entspricht die hohe Qualität der Wiacker-Produkte einer hohen Nachfrage. Leider kann diese Gelegenheit für Wachstum nicht verfolgt werden, weil man einfach nicht die Kapazität und ausreichenden Arbeitskräfte dafür hat. Dabei muss das Geschäft täglich viele Anfragen ablehnen. Da habe ich gesehen, dass es nicht leicht ist, ein Kleinunternehmer zu sein. Die Gelegenheit, sich ohne irgendwelchen Vorwand mit einem Kleinunternehmer zu unterhalten, war sehr bereichernd und ich freute mich, die lokale Wirtschaft unterstützen zu können.
Viel gesehen, viel probiert und viel erlebt in Bochum! Natur, Sport, Musik, Sprichwörter, Industrie, Essen - Ich habe eine richtige Schulung zu Bochum bekommen. Wir kehrten zurück nach Berlin mit einem neuen Verständnis für Bochum und die lieben Menschen dort. Ich freue mich zu berichten, dass die Team-Klausurtagung, wie mein Praktikum an sich, ein Erfolg war! Ich danke Olaf und seinem Büro für das bereichernde Praktikum. Ich freue mich sehr, dass ich dieses tolles Erlebnis mit Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, teilen durfte! Auf Wiedersehen!